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Chronik des Streits um die Abtreibungsgesetzgebung

Der Bundestag verabschiedete am 12. Februar 1976 die Neufassung des Paragrafen 218 StGB, und führte damit die so genannte Indikationenregelung ein. Die Neuregelung war durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 1975 notwendig geworden. KNA dokumentiert die wichtigsten Stationen der politischen und rechtlichen Auseinandersetzung zur Abtreibungsgesetzgebung in den zurückliegenden drei Jahrzehnten.
17.05.1973
Der Bundestag berät in Erster Lesung über eine Reform des Paragrafen 218 StGB, der seit dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871 einen Schwangerschaftsabbruch generell unter Strafe stellt.

26.04.1974
Der Bundestag beschließt den von der SPD/FDP Koalition eingebrachten Gesetzentwurf, wonach die Frau in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten über einen Abbruch entscheiden kann (Fristenregelung).

21.06.1974
Das von Bundespräsident Gustav Heinemann unterzeichnete Gesetz wird im Bundesgesetzblatt verkündet und soll am folgenden Tag Rechtskraft erlangen. Ebenfalls am 21. Juni erlässt das Bundesverfassungsgericht auf Antrag Baden-Württembergs eine einstweilige Anordnung gegen das Inkrafttreten.

25.02.1975
Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Fristenregelung für verfassungswidrig. 193 Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion sowie fünf Unionsregierte Länder hatten eine Normenkontrollklage eingereicht.

12.02.1976
Der Bundestag beschließt den von der SPD/FDP Koalition eingebrachten Gesetzentwurf mit vier Indikationen, wonach ein Abbruch unter anderem bei einer sozialen Notlage straffrei bleiben soll (Indikationenregelung).

21.06.1976
Das Gesetz erlangt Rechtskraft. Eine Verfassungsbeschwerde Baden-Württembergs wird vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen.

02.03.1990
Das Land Bayern erhebt in Karlsruhe eine Normenkontrollklage gegen die Finanzierung von Abtreibungen auf Krankenschein. Die Klage wird angenommen.

03.10.1990
Der Einigungsvertrag tritt in Kraft. Darin wird der Gesetzgeber verpflichtet, bis Ende 1992 eine Regelung zu treffen, die den Schutz vorgeburtlichen Lebens „besser gewährleistet, als dies in beiden Teilen Deutschlands derzeit der Fall ist“. Bis dahin galt in den neuen Bundesländern das alte DDR Gesetz von 1972 mit einer Fristenregelung von zwölf Wochen.

25.06.1992
Das Parlament beschließt nach monatelangen Auseinandersetzungen einen interfraktionellen Gruppenantrag, der im Kern eine Fristenregelung mit Beratungspflicht in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen vorsieht.

10.07.1992
Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag beschlossenen „Schwangeren- und Familienhilfegesetz“ zu. Nur Bayern lehnt das Gesetz ab.

14.07.1992
Die bayerische Landesregierung sowie 248 Unionsabgeordnete beantragen eine einstweilige Anordnung gegen das Inkrafttreten, bis über die angekündigten Normenkontrollklagen gegen die 218-Reform entschieden ist.

04.08.1992
Die 218-Neufassung wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und soll am folgenden Tag Gesetzeskraft erlangen. Karlsruhe stoppt mit einer einstweiligen Anordnung das Inkrafttreten.

28.05.1993
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts erklärt die Neufassung in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig. Zugleich erlässt das Gericht eine Neuordnung, die bis zu einer gesetzlichen Neuregelung gilt. Beim grundsätzlichen Verbot eines Abbruchs bleibt die betroffene Frau straffrei, wenn ein Arzt die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis abbricht, die Schwangere den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

29.06.1995
Das Parlament verabschiedet ein neues Abtreibungsrecht, das im Kern eine Fristenregelung mit Beratungspflicht darstellt. Die von CDU/CSU, FDP und SPD vorgeschlagene Regelung sieht unter anderem vor, dass Abbrüche straffrei bleiben, wenn seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind und die Frau zuvor auf den Lebensschutz hin beraten wurde. Für das Umfeld der Schwangeren sind Strafen vorgesehen, falls die Schwangere zu einem Abbruch gedrängt wird. Angekündigte Normenkontrollklagen gegen dieses Gesetz kamen nicht zu Stande.

01.10.1995
Erste Teile des Gesetzes, so die strafrechtlichen Regelungen, treten in Kraft. Der größere Teil der Neuordnung, darunter die Einführung einer Bundesstatistik und das Leistungsgesetz, erlangt zum 01.01.1996 Gesetzeskraft.

16.04.1996
Die Bayerische Staatsregierung legt einen Entwurf zur Neuordnung für ein Schwangerenhilfe und Beratungsgesetz im Freistaat vor. Es sieht unter anderem das Recht der Frau auf „nachgehende Beratung“ nach der Geburt und eine Mitwirkungspflicht bei der Beratung vor; zudem sollen durch berufsrechtliche Vorgaben so genannte Abtreibungsambulanzen verhindert werden. Weiter sieht es vor, dass Ärzte, die im Freistaat nach dem 30.06.1997 Abtreibungen vornehmen wollen, eine spezielle Zulassung beantragen müssen.

30.07.1996
Der Landtag verabschiedet das Bayerische Schwangerenberatungs-, einen Tag später das dazugehörige Hilfegesetz.

01.09.1996
Das Bayerische Schwangerenberatungsgesetz tritt in Kraft. Danach sind Frauen verpflichtet, zum Erhalt eines Beratungsscheins Gründe für einen Abbruch mitzuteilen.

21.11.1996
Zwei bayerische Ärzte legen in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen den „Sonderweg“ ein.

24.06.1997
Die bayerische Regelung tritt nicht wie vorgesehen am 1. Juli in Kraft. Das Bundesverfassungsgericht erlässt eine einstweilige Anordnung gegen das Gesetz.

27.10.1998
Das Bundesverfassungsgericht gibt der Klage gegen das bayerische Schwangerenhilfeergänzungsgesetz weitgehend statt. Nicht verfassungsgemäß ist demnach die Regelung, wonach nur Ärzte Abtreibungen vornehmen dürfen, die höchstens 25 Prozent ihrer Einkünfte durch Schwangerschaftsabbrüche erzielen.

DATEN UND § – REGELUNGEN ZUR ABTREIBUNG (1971-1999)
1971, 25. Juni, Freitag
Der Verband der Niedergelassenen Ärzte in Deutschland spricht sich für die Beibehaltung des Paragraphen 218 aus, da jede Schwangerschaftsunterbrechung eine »Vernichtung neuen Lebens« und deshalb »ein Akt der Tötung« sei.

1971, 15. September, Mittwoch
In einem Musterprozess entscheidet ein Gericht in der niederländischen Stadt Alkmaar, dass die Krankenversicherungen die Kosten für eine Abtreibung erstatten müssen, wenn der Eingriff auf eine ärztliche Indikation hin in einer Klinik vorgenommen worden ist.

1971, 22. Oktober, Freitag
Bundesjustizminister Gerhard Jahn legt einen Entwurf zur Neufassung des Abtreibungsparagraphen 218 StGB vor. Die Gesetzesnovelle sieht die Möglichkeit einer »sozialen Indikation« vor.

1971, 18. November, Donnerstag
In Bonn beginnt der dreitägige außerordentliche Parteitag der SPD. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen eine Reform der Steuer- und Vermögenspolitik sowie die Reform der Parteiorganisation. Darüber hinaus werden auch Änderungen zum Abtreibungsparagraphen 218 erörtert.

1972, 09. März, Donnerstag
Die Volkskammer der DDR verabschiedet ein Gesetz über die Fristenlösung bei Schwangerschaftsunterbrechungen. Danach ist die Abtreibung innerhalb der ersten drei Monate erlaubt. Erstmals in der Geschichte der Volkskammer wird ein Gesetz nicht einstimmig, sondern mit 14 Nein-Stimmen bei acht Enthaltungen verabschiedet.

1972, 10. April, Montag
Der Strafrechts-Sonderausschuss des Bundestags veranstaltet eine dreitägige Sachverständigen-Anhörung zur geplanten Reform des § 218.

1973, 22. Januar, Montag
Der Oberste Gerichtshof der USA erklärt das in zahlreichen Bundesstaaten praktizierte Gesetz, Schwangerschaftsabbrüche bis zum dritten Monat strafrechtlich zu verfolgen, als verfassungswidrig. Diese Entscheidung wird von der US-amerikanischen Frauenbewegung als Durchbruch im Kampf um die Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbrüchen gesehen. Nach der Urteilsverkündung formiert sich in den Vereinigten Staaten die neue Bewegung »Recht auf Leben«, die ein verfassungsmäßige verankertes Abtreibungsverbot fordert.

1973, 21. März, Mittwoch
Die bundesdeutsche Regierungskoalition aus SPD und FDP legt einen Gesetzentwurf zur Reform der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vor. Sie sieht die Fristenlösung und flankierende Sozialmaßnahmen vor.

1973, 21. April, Samstag
Das bulgarische Gesundheitsministerium erschwert die Bedingungen für den Schwangerschaftsabbruch. Bisher war es jeder Frau erlaubt, auf eigenen Wunsch den Eingriff in einer entsprechenden Einrichtung vornehmen zu lassen. Künftig ist kinderlosen Frauen und Frauen mit nur einem Kind der Schwangerschaftsabbruch verboten Begründet wird das neue Gesetz u. a. mit den häufigen Nachfolgeerkrankungen nach einer Abtreibung.

1973, 17. Mai, Donnerstag
Im Deutschen Bundestag beginnen in erster Lesung die Beratungen über die Reform des § 218.

1973, 03. Juni, Sonntag
»Aktion für das Leben« heißt das Motto einer Münchener Kundgebung, an der sich 15.000 Menschen beteiligen. Sie demonstrieren gegen die Fristen- und Indikationsregelung beim Schwangerschaftsabbruch.

1973, 29. November, Donnerstag
Das vom österreichischen Nationalrat nach 25stündiger Debatte mit knapper Mehrheit beschlossene neue Strafrecht enthält die mit den Stimmen der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) durchgesetzte Fristenlösung bei Abtreibung.

1974, 25. Januar, Freitag
Die sozialistische Regierung Österreichs erklärt die Fristenlösung zum Gesetz. Damit bleibt die Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten straffrei.

1974, 11. März, Montag
Die ARD-Intendanten beschließen per Schaltkonferenz, eine Filmdokumentation über eine Abtreibung kurzfristig aus dem Programm zu nehmen.

1974, 16. März, Samstag
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde gibt die »Pille danach« für den Markt frei. In zahlreichen Großstädten der Bundesrepublik Deutschland demonstrieren Zehntausende für die ersatzlose Streichung des sog. Abtreibungsparagraphen 218. Sie fordern zudem die Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche und Verhütungsmittel durch die Krankenkassen.

1974, 21. März, Donnerstag
Der Bundestag in Bonn verabschiedet ein Gesetz, nach dem die Krankenkassen künftig die ärztliche Beratung über Empfängnisverhütung (nicht aber die Mittel dafür), legale Schwangerschaftsabbrüche und die freiwillige Sterilisation von Frauen und Männern bezahlen müssen.
1974, 01. Juni, Samstag

Der schwedische Reichstag gibt per Gesetz den Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche frei. Mit dem Gutachten eines Sozialberaters ist eine Abtreibung bis zur 18. Woche möglich.

1974, 05. Juni, Mittwoch
Der Deutsche Bundestag billigt die Fristenlösung des § 218, der einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten straffrei stellt.

1975, 01. Januar, Mittwoch
In Österreich gilt die sog. Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch. Danach bleibt die Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten straffrei.

1975, 25. Februar
BVG gegen Fristenlösung Karlsruhe. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in Karlsruhe erklärt die vom Bundestag beschlossene Reform des Paragraphen 218 (Fristenregelung) für verfassungswidrig. Damit bleibt eine Unterbrechung der Schwangerschaft auch in den ersten zwölf Wochen weiterhin verboten. Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass der Staat grundsätzlich – vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren – den Schutz des ungeborenen Lebens zu garantieren habe.

Nachdem 1972 in der DDR die Fristenlösung eingeführt worden war, hatte 1974 auch der Bundestag einen Gesetzesentwurf verabschiedet, nach dem der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten straffrei sein sollte. Am 12.2.1976 beschließt der Bundestag eine neue Fassung zur Änderung des Paragraphen 218; die sog. Indikationsregelung tritt am 21.6. in Kraft. 1992 wird wiederum die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs innerhalb der ersten zwölf Wochen beschlossen. 1993 befindet das BVG, dass der Schwangerschaftsabbruch, der in den ersten drei Monaten rechtswidrig ist, strafrechtlich nicht verfolgt wird.

1975, 25. September, Donnerstag
Die Bonner Koalition aus SPD und FDP legt einen neuen Gesetzentwurf zum Abtreibungsparagraphen 218 vor, der den Schwangerschaftsabbruch weiter mit Strafe bedroht, jedoch eine soziale Indikation vorsieht. Ein bereits vom Bundestag verabschiedetes Gesetz über eine Fristenregelung ist am 25. Februar vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen worden.

1976, 12. Februar, Donnerstag
Mit den Stimmen der SPD- und FDP-Fraktionen verabschiedet der Deutsche Bundestag ein Reformgesetz zum Paragraphen 218. Danach kann der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten auch bei einer sozialen Notlage der Frau straffrei bleiben.

1976, 04. Juli, Sonntag
Der Oberste Gerichtshof der USA bestätigt in Washington das Recht der Frau auf Abtreibung innerhalb einer bestimmten Frist. Dabei ist die Abtreibung auch ohne Zustimmung des Ehemannes zulässig.

1976, 29. September, Mittwoch
In Den Haag verabschiedet das niederländische Parlament ein Gesetz, das Frauen das Recht auf Abtreibung in staatlich anerkannten Kliniken einräumt.

1977, 01. Januar, Samstag
In seiner Neujahrsbotschaft wendet sich Papst Paul VI. gegen die Legalisierung der Abtreibung.

1977, 01. Februar
Das von der feministischen Journalistin Alice Schwarzer herausgegebene Monatsblatt »Emma. Eine Zeitschrift für Frauen von Frauen« erscheint mit einer Startauflage von 200 000 Exemplaren. Bereits seit 1976 wird die Frauenzeitschrift »Courage« veröffentlicht, die sich ebenso wie »Emma« für die politische und gesellschaftliche Emanzipation der Frauen engagiert. Schwerpunkte der Berichterstattung bilden Probleme von Frauen in der Arbeitswelt, Gewalt in der Familie sowie die Behandlung von Vergewaltigungen durch die Justiz. Breiten Raum nimmt die Auseinandersetzung um den Paragraphen 218 ein. Bereits Anfang der 70er Jahre hatte Alice Schwarzer mit ihrem publizistischen Kampf gegen das Abtreibungsverbot begonnen: In einem von ihr initiierten Artikel im Wochenmagazin »stern« bezichtigten sich zahlreiche Frauen, abgetrieben zu haben.

1977, 25. September, Sonntag
In einer Volksabstimmung wird in der Schweiz die Einführung der sog. Fristenlösung abgelehnt. Der Entwurf sah vor, den Schwangerschaftsabbruch durch einen Arzt in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft zu gestatten.

1978, 19. Dezember, Dienstag
Papst Johannes Paul II. kündigt an, dass jede katholische Frau, die eine Abtreibung vornehmen lässt, von der katholischen Kirche exkommuniziert wird. Die beteiligten Ärzte und Krankenschwestern sollen ebenfalls von den Sakramenten ausgeschlossen werden.

1979, 25. September, Dienstag
In Fulda bekräftigen die Teilnehmer an der Deutschen Bischofskonferenz ihre ablehnende Haltung gegenüber dem geltenden Indikationenmodell bei der Abtreibung.

1979, 30. November, Freitag
Die französische Nationalversammlung billigt mit 271 gegen 201 Stimmen endgültig das 1974 zunächst für fünf Jahre beschlossene Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch. Innerhalb der ersten zehn Wochen der Schwangerschaft ist es der Frau überlassen, über eine Abtreibung zu entscheiden.

1979, 13. Dezember, Donnerstag
Der Chefredakteur der DGB-Jugendzeitschrift »‘ran«, Dieter Schmidt, wird seines Postens enthoben. Anlass ist ein Cartoon in der Dezembernummer des Blattes, in dem Maria und Josef in Bethlehem einen Schwangerschaftsabbruch erwägen.

1979, 25. Dezember, Dienstag (1. Weihnachtstag)
Mit 55 gegen 50 Stimmen hebt das israelische Parlament (Knesset) ein Gesetz auf, das Abtreibungen aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen erlaubt. Schwangerschaftsabbrüche aus gesundheitlichen Gründen bleiben hingegen statthaft.

1980, 20. Dezember, Samstag
Nach einer zehn Jahre dauernden öffentlichen Diskussion wird in den Niederlanden ein Abtreibungsgesetz verabschiedet. Es stellt die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch in die Verantwortung der Frau und des Arztes.

1981, 17. Mai, Sonntag
Bei einer Volksabstimmung in Italien sprechen sich 67,9% der Wähler für die Beibehaltung der Regelung zum Schwangerschaftsabbruch aus. Bisher war ein Abbruch aus sozialen oder medizinischen Gründen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten erlaubt.

1981, 15. Dezember, Dienstag
In seinem in Rom veröffentlichten Apostolischen Schreiben »Familiaris Consortio« erläutert Papst Johannes Paul II. die katholischen Leitlinien für das Familienleben. In dem Schreiben wird die Unauflöslichkeit der Ehe betont. Geburtenkontrolle, Abtreibung und „Ehe auf Probe“ verurteilt der Papst, die Familie bezeichnet er als die „Zukunft der Menschheit“.

1983, 05. Mai, Donnerstag
Die Abgeordnete Waltraud Schoppe von den Grünen plädiert in einer Bundestagsrede für die ersatzlose Streichung des »Abtreibungsparagraphen« 218.

1983, 07. Juni, Dienstag
In Norwegen bildet der konservative Ministerpräsident Kaare Willoch eine bürgerliche Mehrheitsregierung durch die Aufnahme der Zentrumspartei und der Christlichen Volkspartei. Die Christliche Volkspartei hatte bisher eine direkte Regierungsbeteiligung an dem konservativen Minderheitskabinett verweigert. Vorbehalt war das Abtreibungsgesetz, das jedoch nicht, wie befürchtet, zu einer Erhöhung der Schwangerschaftsabbrüche geführt hatte.

1983, 02. November, Mittwoch
Mit Inkrafttreten des »Gesetzes über Familienplanung« legalisiert die Türkei den Schwangerschaftsabbruch. Danach kann jede Türkin bis zur 10. Schwangerschaftswoche straffrei eine Abtreibung vornehmen lassen.

1984, 27. Januar, Freitag
Das portugiesische Parlament verabschiedet ein Gesetz, das den Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen legalisiert.

1984, 11. Juli, Mittwoch
Bundesfamilienminister Heiner Geissler bekräftigt vor dem Bundestag, dass die Regierung in Bonn nicht daran denke, den Paragraphen §218 zu ändern. In seiner Rede weist er zugleich die Kritik von der Organisation »Pro Familia« an der Stiftungsgründung »Mutter und Kind« zurück.

1984, 06. August, Montag
In Mexiko-Stadt beginnt die zweite Weltbevölkerungskonferenz der Vereinten Nationen (UN). Einer der Konfliktpunkte ist die US-amerikanische Forderung nach einem Verbot der Abtreibung als Mittel der Familienplanung.

1985, 09. Juni, Sonntag
Bei einem Referendum in der Schweiz wird eine Initiative „Recht auf Leben“ gegen die Liberalisierung von Abtreibung und Sterbehilfe von rd. zwei Dritteln der Stimmberechtigten zurückgewiesen.

1985, 26. August, Montag
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz verzichtet auf eine Verfassungsklage gegen die sog. Abtreibung auf Krankenschein. Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) war damit auf heftigen Widerstand bei den Frauen in seiner eigenen Partei gestoßen.

1989, 05. Mai, Freitag
Wegen illegaler Schwangerschaftsabbrüche wird der Frauenarzt Horst Theissen vom Landgericht Memmingen zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe und einem dreijährigen Berufsverbot verurteilt.

1989, 03. Juli, Montag
Der Oberste Gerichtshof der USA schränkt in einer umstrittenen Entscheidung das Recht zum Schwangerschaftsabbruch erheblich ein.

1990, 16. Juni, Samstag
In Bonn demonstrieren rund 10 000 Menschen für und etwa 3000 gegen die ersatzlose Streichung des § 218 zum Schwangerschaftsabbruch.

1990, 23. Juli, Montag
Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU, geb. 1937 Wupperthal) stellt in Bonn einen »dritten Weg« im Streit über das Abtreibungsrecht im vereinten Deutschland vor. Er sieht Straffreiheit für Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten bei obligatorischer Beratung vor.

1991, 13. Juli, Samstag
In ihrem Vorschlag zur Neuregelung des Abtreibungsrechts (§ 218 StGB), der sog. Ansbacher Erklärung, lehnt die CSU jede Form der Fristenlösung ab.

1992, 08. Mai, Freitag
SPD und FDP legen in Bonn einen fraktionsübergreifenden Antrag für ein neues Abtreibungsrecht vor, der ein Fristenmodell mit Beratungspflicht vorsieht.

1992, 09. Dezember, Mittwoch
Der Bundestag verabschiedet in Bonn mit breiter Mehrheit das Gesundheitsstrukturgesetz. Die zweitägige Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (BVG) über die Fristenlösung im Abtreibungsrecht geht zu Ende. Eine Entscheidung wird voraussichtlich im Januar 1993 gefällt.

1994, 11. Januar, Dienstag
Frauenarzt Horst Thiessen erneut verurteilt – Revisionsverfahren.

1995, 01. Oktober, Sonntag
Der Bundestag verabschiedet das neue Abtreibungsrecht. Ein Schwangerschaftsabbruch bleibt in den ersten drei Monaten straffrei, wenn sich die Frau mindestens drei Tage vor dem Eingriff beraten lässt und dies durch eine Bescheinigung nachweist. Auch die katholische Kirche führt diese Beratungen durch. Sie hat sich trotz Bedenken des Papstes gegen einen Ausstieg aus dem staatlichen System der Schwangerschaftsberatung entschieden.

1999, Mai
Die Straf-Akte des von der Bayrischen Justiz verurteilten Memminger Frauenarztes Horst Thiessen im Zusammenhang der sog. ‚Hexenprozessen‘ um 156 illegale Abtreibungen wird geschlossen.

1999, 6. Juli, Dienstag
Umstrittene Abtreibungspille Mifegyne zugelassen Berlin (dpa) – Die umstrittene Abtreibungspille Mifegyne darf auch in Deutschland verkauft werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte lies das erste Medikament für einen frühzeitigen Schwangerschaftsabbruch heute zu. Bundesfamilienministerin Bergmann begrüßte die Entscheidung. Bayerns CSU-Sozialministerin Stamm sprach hingegen von einer schrecklichen Bagatellisierung der Tötung ungeborener Kinder. Der Kölner Erzbischof Kardinal Meisner sprach von einem Rechtsbruch.